Eigentlich hatte ich keine große Lust, den Jahreswechsel in Berlin am Brandenburger Tor zu verbringen, denn eine Party mit 2 Millionen Menschen, zusammengequetscht auf einer "Millenniumsmeile" von 7 Kilometern, hörte sich nicht gerade verlockend an, aber als ich irgendwann im November erfuhr, daß Fred Kellner dort auf der Sat.1-Bühne einen Auftritt haben würde, war die Sache für mich klar. Du mußt nach Berlin! Aber wie? Diese Frage klärte sich glücklicherweise ziemlich schnell durch ein Wirrwarr von Zufällen und Organisationsversuchen, so daß ich am 31.12. gegen 13 Uhr in der "Big City" ankam. Nachdem ich mich im TV zur aktuellen Lage am Tor informiert hatte, brach ich zwangsweise schon um 16:30 Uhr auf, um wenigstens noch irgendwo in der 2534. Reihe zu stehen. Nach einer halben Stunde Fahrt mit der S-Bahn vom Bahnhof "Nöldnerplatz" zur "Friedrichstraße" stand ich also direkt neben dem Wahrzeichen Berlins. Die Massen strömten. Mittendrin ich. Ich zwischen schätzungsweise einer halben Million. Mit ein bißchen Geschick fitzelte ich mich quer durch die Schlangen und befand mich nach etwa einer halben Stunde fast neben der Sat.1-Bühne, die mich ohne Kellner nicht die Bohne interessiert hätte. Nur noch zehn Schritte und ein Schwenk nach links, dann war das Gerüst, zugekleistert mit Hunderten von Sat.1-Werbeschildern, ganz gut zu überblicken. Auf der Bühne: Ein paar Musiker, eingewickelt in graue Mäntel. Hier lief also gerade eine Probe. Zehn Sekunden später: Eine Soulsister! Noch eine Soulsister! Ein Fred! Und noch ein Kellner! Oh, mein Gott! Im wahrsten Sinne des Wortes. ;-) Ich dachte immer, ich wäre kein Groupie, doch als ich merkte, daß ich die Einzigste war, die sich für die Musik zu interessieren schien, wie wahnsinnig Fotos schoß und sich freute wie eine Bekloppte, mußte ich daran zweifeln und ich wollte schon freiwillig zu einer der zahlreichen Notstationen gehen, doch schräg neben mir standen Leute, die Fred Kellner ebenfalls kannten. Mehr oder weniger. Einer rief "Anke, weißt Du noch...!?" und zusammen sangen die dann mit mir (natürlich hab ich mitgemacht *g* ) und der Band "Reeeeeliiight my fire!". Die waren mir sympathisch, aber die Sisters ließen sich nicht beirren und sangen, Mützen jeweils tief ins Gesicht gezogen, ihren Part. Schon von dieser billigen Probe mit enormen technischen Problemen war ich tief beeindruckt! Die Vorstellung, hier jedoch noch schätzungsweise 8 Stunden stehen zu müssen, brachte mich wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Und die folgenden Probeauftritte von Modern Talking, Yamboo und Otto konnten und sollten daran natürlich nichts ändern. Nett war nur, daß bei der Kellner-Probe einige Leute vor mir gegangen sind, so daß ich plötzlich in die zweite Reihe verfrachtet wurde.
Sekunden und Minuten schlichen. Schließlich vergingen auch die Stunden. 22:00 Uhr! Es war soweit, Kellner kam, sogar pünktlich, auf die Bühne. Was zu erwarten war: "Anke, Anke, Anke!" rief die (meiner Meinung nach völlig ahnungslose) Masse, die sich nun auf 2 Millionen Menschen vergrößert hatte. Direkt vor mir stand Andreas mit seinem Keyboard. Spätestens hier wird man feststellen, daß ich nicht gerade ein "Insider" bin, was die Band angeht und dafür möchte ich mich entschuldigen, auch unter dem Aspekt, daß ich die Gruppe viel zu spät kennengelernt habe.
Der Auftritt begann mit dem typischen Intro. Jeder Kellner wurde vorgestellt und auch die Silver Strings und die Horny Horns konnten gut mit dem Applaus für die Sisters, der, wenn es nach der Mehrheit ging, leider nur mehr Anke galt, mithalten.
Da es sich um eine Repräsentation von Sat.1 handelte, übernahm Soulsister Anke auch die meisten Parts und begann den Auftritt mit den Jackson-Klassikern "I want you back", "Blame it on the Boogie" und "Don´t stop till you get enough". Das Publikum war skeptisch. Nun kam Mr. Fred Kellner himself zum Zuge und es wurde "Git up offa that thang" gesungen. Mittlerweile war die Stimmung auf der Bühne besser, als im Publikum. Nur ich brach in Euphorie aus. Und natürlich die Musiker, das versteht sich von selbst. Nach diesen 4 Songs war "unsere kleine Soulshow" leider auch schon zu Ende. Nun erklärte ich mich nicht mehr für krank, für nur 16,56 Minuten 8 Stunden in einer riesigen Menschenmasse gestanden zu haben. Und da ich mit dem Erlebnis in Berlin sicher noch keinen "richtigen Auftritt" der Band erlebt habe, steht für mich im Moment nur eines fest: Café Hahn, ich komme!
Dieser Bericht und die Fotos wurden mir freundlicherweise von Kathi Fiedler überlassen.